Leseprobe aus der CD-ROM "Superfrauen: 14 Bücher auf einer CD-ROM" von Ernst Probst:
Die erste Nachrichtensprecherin eines deutschen Fernsehsenders war die Journalistin und Moderatorin Wibke Bruhns, geborene Klamroth. Sie präsentierte im Mai 1971 in der Sendung „Heute“ des „Zweiten Deutschen Fernsehens“ (ZDF) sich selbst und Nachrichten aus aller Welt auf dem Bildschirm. Dieses Medienereignis wirkte damals auf die Presse und die Öffentlichkeit als Sensation.
Wibke Klamroth wurde am 8. September 1938 in Halberstadt (Sachsen-Anhalt) geboren. Ihr Vater, der Kaufmann Johannes Georg Klamroth (1898–1944), ist nach dem Attentat auf Adolf Hitler (1889–1945) vom 20. Juli 1944 hingerichtet worden. Danach musste ihre Mutter mittellos und mit fünf Kindern schwere Zeiten durchstehen, ehe sie 1949 im diplomatischen Dienst der Bundesrepublik Deutschland eine Stelle bekam.
Wibke Klamroth wuchs zunächst in ihrer Geburtsstadt Halberstadt auf. Später lebte sie in Internaten von Timmendorfer Strand und Plön (Schleswig-Holstein) sowie in Stockholm, Berlin und London. In Berlin machte sie 1957 an der „Malvida-von-Meysenburg-Schule“ das Abitur. Anschließend studierte sie bis 1960 Geschichte und Politik an der Universität Hamburg.
Nach dem Studium begann Wibke Klamroth 1960 ein Volontariat als Journalistin in der Hamburger Redaktion der „Bild“-Zeitung, beendete dieses jedoch nach dem Bau der Berliner Mauer 1961 vorzeitig aus politischen Motiven. Danach wechselte sie als freie Mitarbeiterin zum Fernsehen des „Norddeutschen Rundfunks“ (NDR) in Hamburg. 1961 heiratete sie den Werbe-Kaufmann Peter Teichgräber. Die erste Ehe wurde 1962 geschieden.
1962 ging Wibke Klamroth als Redakteurin zum Hamburger ZDF-Studio. 1965 schloss sie ihre zweite Ehe mit dem Schauspieler Werner Bruhns (1928–1977). 1966 kam die erste Tochter Annika zur Welt. Nach der Geburt der zweiten Tochter Meike 1968 beendete sie ihre Tätigkeit beim Hamburger ZDF-Studio. Anschließend arbeitete sie als freie Journalistin unter anderem für die Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“, den NDR-Hörfunk und die Sendereihe „Querschnitt“ des ZDF.
Das „Zeitalter der Nachrichtenfrauen“ in Deutschland begann am 12. Mai 1971 um 22.15 Uhr, als Wibke Bruhns mit schicker Frisur, Brille, Bluse im Safari-Look und ausgesprochen lässig in der ZDF-Sendung „Heute“ die Nachrichten der Spätausgabe vorlas. Nach der von ZDF-Chefredakteur Wolf Dietrich als großartig empfundenen Premiere registrierte die Mainzer Fernsehanstalt eine Flut von meistens begeisterten Anrufen.
Mit dem ersten Auftritt in „Heute“ von Wibke Bruhns am 12. Mai 1971 hatte das „Zweite Deutsche Fernsehen“ dem „Ersten Deutschen Fernsehen“ der „Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands“ (ARD) eindeutig die Schau gestohlen. Denn die ARD wollte damals Ann Ladiges als erste Nachrichtensprecherin auf den Bildschirm bringen. Der gelungene Blitzstart brachte Frau Bruhns den Spitznamen „Wibke Verladiges“ ein.
Noch viel mehr Wirbel beim Publikum und in der Presse löste der zweite „Heute“-Auftritt von Wibke Bruhns am 24. Mai 1971 bei der Hauptnachrichtensendung um 19.45 Uhr aus. Die Vorbereitungen hierfür sind im ZDF streng geheimgehalten worden. Sogar der Sprecher Jochen Breiter glaubte an diesem Abend noch, er – statt Frau Bruhns – würde die Nachrichten präsentieren. Für den Job bei „Heute“ war Wibke Bruhns von ZDF-Moderator Hanns Joachim Friedrichs (1927–1995) entdeckt worden.
Schlagzeilen machte Wibke Bruhns auch durch ihre Mitarbeit in der „Sozialdemokratischen Wählerinitiative“ für Willy Brandt (1913–1992) anlässlich der Bundestagswahl 1972. Damals forderte der Chef der „Christlich-Demokratischen Union“ (CDU) in Niedersachsen, Wilfried Hasselmann, sie für Wochen vor der Wahl vom Bildschirm zu verbannen.
Allmählich fand Wibke Bruhns „es ein bisschen doof, nur Sachen vorzulesen“. Deswegen verließ sie nach 380 Nachrichtensendungen – die letzte davon am 12. Dezember 1972 – das ZDF und moderierte danach unter anderem „TM“, das „Tagesmagazin“ im dritten Programm des „Westdeutschen Rundfunks“ (WDR 3). Im Mai 1973 sah man ihren ersten Beitrag für das Magazin „Panorama“ (NDR), der kritisch über Zustände in einem Altersheim von Baden-Baden berichtete.
Ab 1974 arbeitete Wibke Bruhns als Autorin für die Hamburger Illustrierte „stern“ und weiterhin als Reporterin, unter anderem für das Unterhaltungsmagazin „Treffpunkt“ des „Südwestfunks“ (SWF). 1977 starb ihr Mann Werner Bruhns, der mehrfach in der ARD-Krimireihe „Tatort“ zu sehen war und auch als Autor und Regisseur in Erscheinung trat.
1979 schickte der „stern“ Wibke Bruhns als Nahostkorrespondentin nach Jerusalem. Ihre dortigen Eindrücke und Erlebnisse schlugen sich in dem Buch „Mein Jerusalem“ (1982) nieder.
Von 1984 bis 1988 war Wibke Bruhns für den „stern“ in Washington im Einsatz. Damals brachte sie ihre im Magazin „Geo“ erschienene Reportage über das Vietnam-Denkmal in der amerikanischen Hauptstadt mit dem Titel „Die Mauer der Versöhnung – das Vietnam Veteran’s Memorial“ zu Papier. Für jene „Beschreibung des Krieges als endlose Reihe persönlicher Opfer“ erhielt sie 1989 den „Egon-Erwin-Kisch-Preis“.
Nach dem Einsatz als „stern“-Korrespondentin in Washington arbeitete Wibke Bruhns als freie Journalistin mit Wohnsitz im Elsass. Es folgten zahlreiche Auftritte in verschiedenen Sendungen. Unter anderem moderierte sie für vier Jahre – zusammen mit Gisela Marx – die politische Talkshow „Drei vor Mitternacht“ (WDR 3) und in derselben Zeit das „Mittagsmagazin“ (WDR Hörfunk). Ab Januar 1993 war sie „Anchorwoman“ beim privaten Kölner Fernsehsender „Vox“, wo sie abwechselnd mit Martina Sagurna die Hauptnachrichtensendung „Weltvox“ präsentierte.
Von 1995 bis 1998 fungierte Wibke Bruhns als Hauptabteilungsleiterin Kultur des „Ostdeutschen Rundfunks Brandenburg“. Anschließend wirkte sie als Beraterin für politische Talkshows der Produktionsfirma AVE („Talk im Turm“, „Spät am Abend“, „Der grüne Salon“, „Vorsicht Friedmann“).
Ab Januar 1999 betätigte sich Wibke Bruhns wieder freiberuflich, und ab Februar 2000 präsentierte sie als Sprecherin der „EXPO 2000“ in Hannover die Weltausstellung in der Öffentlichkeit.
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